Das 1728 in London uraufgeführte Singspiel «The Beggar’s Opera» von John Gay zählt zu den Leitstücken der westlichen Literatur. Die freche Geschichte um Gauner, Bettler und Huren wurde unzählige Male adaptiert, unter anderem von Bertolt Brecht, der mit der «Dreigroschenoper» einen der grössten deutschsprachigen Theaterhits schuf.
Etwas weniger bekannt – aber keineswegs weniger pikant – ist die Adaption «Die Gauneroper» von Václav Havel, den man bei uns vor allem als ersten Präsidenten der Tschechischen Republik kennt. Havel gehört zu den grossen Theaterautoren des zwanzigsten Jahrhunderts; seine politische Bedeutung verdankt er auch seinen mutigen Theaterstücken, die sich indirekt mit den Zuständen im Ostblock (und überall sonst auf unserem Planeten) beschäftigten und die ihm einige Jahre Gefängnis einbrachten. «Die Gauneroper» ist eines jener Stücke von Havel, die auf unterhaltsame Weise Gesellschaftskritik üben. Es zeigt: Alle sind korrupt und einzig auf den eigenen Vorteil bedacht – und wer es nicht ist, überlebt nicht lange.
Die Obertor-Version des bewährten Stoffes mischt munter beide Versionen: die ursprüngliche von John Gay und die moderne von Václav Havel. Das Publikum darf sich auf eine Reihe berühmter Figuren freuen – von der durchtriebenen Elizabeth Peachum über den charmanten Erzgauner Macheath bis zur raffinierten Jenny – und auf viele schöne Melodien, die Johann Christoph Pepusch einst für «The Beggar’s Opera» verfasste und die seinerzeit echte Gassenhauer waren.
Aufgeführt vom 2. bis 7. September 2008 im Kongresshaus Liebestrasse in Winterthur.